Bezirksmuseum
Landstraße
Bezirksmuseum Landstraße Außenansicht, Foto: Klaus Pichler
Neben der Geschichte des 3. Wiener Gemeindebezirks sind es vor allem zwei Erinnerungsräume, die im Bezirksmuseum Landstraße zu sehen sind.
Verfolgung der jüdischen Bevölkerung – Gedenkraum und Erinnerungsbuch
Seit 1995 ist im Bezirksmuseum Landstraße ein Ausstellungsraum zu sehen, der an die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung erinnert. Vier Jahre lang waren dafür Namen, Wohnorte, Daten und Schicksale der ehemaligen jüdischen Bewohner:innen des Bezirks Landstraße recherchiert worden.
Rund 13.000 Jüdinnen und Juden lebten vor Beginn des Zweiten Weltkriegs im 3. Wiener Gemeindebezirk. Das sogenannte Weißgerberviertel rund um die Löwengasse und die Radetzkystraße waren besonders dicht jüdisch besiedelt. Hier allein wohnten vor dem 12. März 1938 mehr als 4.800 jüdische Bürger:innen, von denen über 3.200 zu Opfern des Nationalsozialismus wurden. Insgesamt wurde mehr als die Hälfte der jüdischen Bevölkerung aus dem dritten Bezirk zwischen 13. März 1938 und dem Kriegsende am 9. Mai 1945 ermordet.
Dank gebührt Peter Waldmann, der von Cambridge aus die Recherchen des Bezirksmuseums Landstraße unterstützte. Geboren im Bezirk Landstraße, konnte er mit einem Jugendtransport 1939 nach Palästina emigrieren. Seine Mutter, Schwester und Großmutter wurden in Sobibor ermordet.
Die Datenbank von Herrn Karl Hauer über die jüdische Bevölkerung 1938 wird vom Verein Steine des Gedenkens an die Opfer der Shoah weiter geführt und permanent mit neuen Daten ergänzt. In den letzten Monaten konnten die Mitarbeiterinnen des Vereins fast 1.000 Datensätze von geflüchteten Personen ergänzen mit Geburtsdaten, Fluchtgeschichte, Angaben zu Schicksal und Verwandtschaftsbeziehungen etc..
Datenbank über Die jüdische Bevölkerung von Wien Landstraße 1937/38 und ihr Schicksal
Ein Gedenkraum für Bruno Granichstaedten
Ein weiterer Raum des Bezirksmuseums Landstraße ist dem Komponisten Bruno Granichstaedten gewidmet, der 1879 im Haus Reisnerstraße 9A geboren wurde und nach einigen Auslandsaufenthalten bis zu seiner Inhaftierung im Jahre 1938 in der Weißgerber Lände 50 wohnte.
Bruno Granichstaedten war zu seiner Zeit neben Franz Lehar einer der erfolgreichsten Operettenkomponisten: er komponierte 16 Operetten, etwa „Der Orlow“ und „Das alte Lied“, zahlreiche Lieder („Zuaschau’n kann i net …“, „Da zünd‘ ich mir ein kleines Zigaretterl an …“ usw.) sowie Filmmusik. 1940 gelang es Bruno Granichstaedten, in die USA zu emigrieren, wo er 1944 verstarb.
2005 kaufte Prof. Karl Hauer für das Museum den Bösendorfer Stutzflügel des Operettenkomponisten. Um das Instrument wieder spielbar zu machen, finanzierte uns die Stabstelle des Wien Museums 2023 dessen Restaurierung.
Ein weiterer Erinnerungsraum ist unser Büro, das dem Maler Josef Engelhart gewidmet ist.
Die Möblierung, insbesondere der Schreibtisch, stammt von dem Schriftsteller Josef Weinheber (1892-1945) aus dessen Wohnung vom Rudolf von Alt-Platz. Die Kunstwerke, Bilder und Skulpturen stammen vom Maler und Bildhauer Josef Engelhart (1864-1941).
Das Museum besitzt einige Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen aus dem reichen Schaffen des eng mit der Landstraße verbundenen Künstlers. Er war auch Mitgestalter des Borromäus-Brunnens vor dem Amtshaus unseres Bezirks.
Zur Geschichte des Bezirksmuseums Landstraße
Nach fast eineinhalb-jähriger Vorarbeit trat am 11. Juni 1937 unter Vorsitz des damaligen Landstraßer Bezirksvorstehers Viktor Kainzmayer ein „Museumsausschuss“ zusammen, dem als wissenschaftlicher Leiter Landesschulinspektor Hofrat Anton Becker und zu seiner Unterstützung Bezirksschulinspektor Edgar Weyrich sowie der akademische Maler Josef Engelhart angehörten.
Als Grundstock der „Bezirkskundlichen Sammlung Landstraße“ waren damals schon die im Auftrag des ehemaligen Bezirksvorstehers Paul Spitaler (1897-1919) durch den Maler Adolf Albin Blamauer angefertigten etwa 200 Aquarelle mit Motiven aus dem Bezirk vorhanden. Diese und mehrere andere Objekte waren in den Räumlichkeiten der Hauptschule Hainburger Straße 40 aufbewahrt.
Auflösung in der NS-Zeit
Im Jahr 1938 mussten Räume der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) und der Invaliden-Entschädigungs-Kommission überlassen werden, später folgte auch eine Schusterwerkstätte der Deutschen Wehrmacht. Schließlich ließ der „Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich“ den Verein „Bezirkskunde Landstraße“ auflösen.
Die Objekte wurden in Kisten verpackt und von der Leitung des Historischen Museums der Stadt Wien (heute Wien Museum) in ein Depot gebracht.
Neustart nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs
Bald nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde durch Hofrat Becker die Idee eines Heimatmuseums wieder aufgegriffen. Im Jahr 1948 gründete Hauptschuldirektor Hans Pemmer einen Ausschuss der Museumsfreunde. Am 24. Februar 1949 fand schließlich die Konstituierung des „Vereines zur Erhaltung und Förderung des Landstraßer Heimatmuseums“ statt. Am 19. Juni 1949 wurde das Museum im ersten Stock der ehemaligen Mädchen-Hauptschule Rochusgasse 16 eröffnet.
Folgende Sonderausstellungen zeigten etwa das Werk des Medailleurs Arnold Hartig, das Wirken des Volksarztes Oskar Bohr und des Flugpioniers Jakob Degen, ebenso wie wurden berühmte Tote des St. Marxer Friedhofes, Gast- und Vergnügungsstätten der Landstraße, Landstraßer bildende Künstler:innen und die Bewohner:innen der Ungargasse thematisiert.
Standort seit 1956
Am 1. Dezember 1956 wurden die neu gestalteten Räume des Landstraßer Heimatmuseums an seinem heutigen Standort Sechskrügelgasse 11 eröffnet. Hans Pemmer hatte das neue Museum nach topographischen Gesichtspunkten so geordnet, dass drei Räume der Landstraße, zwei Weißgerbern und zwei der Vorstadt Erdberg gewidmet waren. Die Ausstellungen „Alt- und Neu-Erdberg“, „Der Graphiker Marquis Bayros und sein Werk“ sowie „Der Geograph Friedrich Simony“ waren in den folgenden Jahren ebenso gut besucht wie heimatkundliche Vorträge und Führungen durch den St. Marxer Friedhof.
Hier können Sie sich auf eine virtuelle Tour durch das Bezirksmuseum Landstraße begeben (Stand September 2022).
Hier finden Sie die Website des Bezirksmuseums Landstraße von Herrn Prof. Karl HAUER, die bis 2010 online war. Leider sind nicht mehr alle Funktionen und Seiten abrufbar, es lohnt sich jedoch trotzdem, einen Blick darauf zu werfen.