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Veranstaltungen
9. April 2025 19 Uhr
Kraus: Dritte Walpurgisnacht. Vorlesung
Wiedener Vorträge
Mir fällt zu Hitler nichts ein
Vorlesung aus Karl Kraus, Dritte Walpurgisnacht
Mittwoch, 9. April 2025, 19.00 Uhr
Bezirksmuseum Wieden, 1040 Wien, Klagbaumgasse 4
Philipp Maurer liest vor, am Klavier Paul Wexberg, Regie: Dieter Schmutzer
Von Mai bis September 1933, kurz nach der „Machtergreifung“ in Deutschland, schrieb Karl Kraus seine Analyse des deutschen Faschismus, „Dritte Walpurgisnacht“. Der Text beginnt mit dem Satz „Mir fällt zu Hitler nichts ein“ – es folgen 320 Seiten mit Zitaten aus Rundfunkreden, Zeitungsartikeln und Programmschriften, Philosophie und Literatur. Kraus kommentiert die Zitate von seinem humanistischen und pazifistischen Standpunkt aus, verspottet und verhöhnt die Sprecher und Schreiber. Er prangert die Verrohung der Sprache und Sitten, die metaphysische Philosophie, den Rassismus und Antisemitismus an. Und er zeigt die daraus folgenden Taten: die Arisierungen und Plünderungen, Fememorde und Willkürjustiz, das Faustrecht des Stärkeren und Gewalttätigeren. Kraus konstatiert, dass das in Goethes „Faust“ in den beiden Walpurgisnächten gestaltete Unbeschreibliche und Apokalyptische nun Wahrheit und Gegenwart geworden sei.
Kraus äußerte sich auch zur österreichischen Innenpolitik. Enttäuscht von den Sozialdemokraten, die er bis 1927 unterstützt hatte, setzte er nun auf den österreichischen Faschismus als letzte Rettung vor dem deutschen. Er sagte: „Ich denke an nichts als an Alles nur nicht Hitler“. Er wählte das kleinere Übel: die österreichische Variante des Faschismus . Die meisten Leser*innen missverstanden dies als Parteinahme für Dollfuß. Nur Bert Brecht verstand ihn … (Dieser Teil der Dritten Walpurgisnacht wurde in dieser Textauswahl ausgeklammert – er wäre eine eigene Vorlesung wert.)
Kraus druckte in der Fackel vom Juli 1934 nur einige wenige Ausschnitte aus Dritte Walpurgisnacht ab, obwohl der gesamte Text bereits gesetzt war. Er befürchtete, dass eine Veröffentlichung für seine Abonnent*innen in Deutschland höchst unangenehme Folgen haben könnte. Der gesamte Text erschien erst 1952.
Philipp Maurer wählte drastische, pointierte Textstellen aus, die Kraus’ antifaschistische, pazifistische Haltung und seine kompromisslose Kritik am Faschismus augenfällig machen. Ergänzend und kommentierend zu Kraus, Dritte Walpurgisnacht, hören Sie Texte und Musiken von Bert Brecht, Hanns Eisler, Mordechai Gebirtig, Johann Wolfgang von Goethe, Hermann Leopoldi, Fritz Löhner Beda, Jacques Offenbach, Otto Rathke, Marcel Rubin, Arnold Schönberg, William Shakespeare, Jura Soyfer, Emil Gustav Adolf Stadthagen, Richard Wagner, Kurt Weill, Erich Weinert.
Dauer der Vorlesung circa 1 Stunde 30 Minuten. Keine Pause
Eine Veranstaltung des Kulturvereins Wieden, unterstützt von Stadt Wien Kultur, Bezirksvorstehung Wieden und basis.kultur.wien
Freier Eintritt, leider nicht barrierefrei
Platzreservierung an bm1040@bezirksmuseum.at empfohlen